Der DialogRaumGeld beteiligt sich an der Aufstellung der Nationalen Finanzbildungsstrategie

Der DialogRaumGeld beteiligt sich an der Aufstellung der Nationalen Finanzbildungsstrategie

Blogbeitrag von Holger Kreft, 22. Oktober 2023

Finanzminister Christian Lindner, Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und die Moderatorin des OECD-Workshops (Foto: Holger Kreft)

Großer Nachholbedarf bei Finanzbildung

Viele Akteur:innen stellen für Deutschland inzwischen einen auffallend großen Nachholbedarf bei Lernangeboten im Bereich der Finanziellen Bildung fest. Das will das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zusammen mit dem Bundesministerium für Finanzen (BMF) ändern. Eine kurzgefasste ministerielle Begründung dazu: „Drei Viertel der Jugendlichen wünschen sich, dass Wirtschaft einen höheren Stellenwert in der Schule bekommt. 88 Prozent der Erwachsenen halten Kenntnisse zu Finanzen für wichtig. Trotzdem gibt es bisher zu wenig Angebote, die es den Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, ihre Finanzkompetenzen zu verbessern.“

Im Frühjahr haben deshalb Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Bundesfinanzminister Christian Lindner den Startschuss gegeben, um Finanzbildung in Deutschland zu verbessern:

  • In Zusammenarbeit mit der OECD wird eine Nationale Finanzbildungsstrategie erarbeitet werden.
  • Eine zentrale Finanzbildungsplattform zur Bündelung und Vernetzung der Angebote soll erstellt werden.
  • Mehr Forschung zur Finanziellen Bildung ist beabsichtigt.

Mehr Selbstbestimmung und größere Chancengleichheit

Ziele der Strategie sind vor allem mehr Selbstbestimmung und größere Chancengleichheit für die Teilhabe aller Menschen in Deutschland.

Engagierte Beteiligung am 20. Oktober 2023

An dem Stakeholder-Workshop im Bundesfinanzministerium in Berlin beteiligten sich am 20. Oktober 2023 etwa 100 engagierte Teilnehmer:innen.

Vertreten waren:

  • zahlreiche zivilgesellschaftliche Initiativen wie Bündnis Ökonomische Bildung Deutschland, Stiftung Bildung, Geldlehrer, Verbraucherzentrale Bundesverband, lokale Verbraucherberatungen
  • Hochschulen bzw. einzelne Dozent:innen: PH Weingarten, Mannheim Institute for Financial Education u.a.
  • staatliche Einrichtungen wie Bundesbank und BaFin, deren Vertreter:innen als Moderator:innen fungierten
  • Unternehmen wie Deutsche Börse, Schufa
  • Verbände wie Wirtschaftsjunioren, Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland
  • allerdings nur sehr wenige Lehrer:innen, was viel mit der föderalen Struktur der Bundesrepublik zu tun hat: „Bildung ist Ländersache!“

In die Arbeitsgruppen und in den persönlichen Austausch konnte ich die Perspektive unseres Projekts DialogRaumGeld einbringen.

Gruppenfoto des OECD-Stakeholder-Workshops zur Finanzbildung (Foto: BMF)

Fit werden für die aktuellen Spielregeln?

Entsprechend der formulierten Herausforderung zielten die Workshop-Ergebnisse überwiegend in die Richtung der Frage: Wie können wir Menschen fit machen für die aktuellen Spielregeln unseres Wirtschaftens? Wie ermöglichen wir Selbstbestimmung und Chancengleichheit – im Rahmen der bestehenden Verhältnisse? Vor allem das individuelle Verhalten soll also dafür optimiert werden. Die Strategie, die Plattform und die Forschung sollen die Voraussetzungen dafür verbessern. Die Ministerien wünschen sich dazu eine konzertierte Aktion aller maßgeblichen Akteur:innen einschließlich der zivilgesellschaftlichen Initiativen. Nicht alle jedoch werden sich ohne weiteres in die Pflicht nehmen lassen, zumal die Kapazitäten vieler Engagierter bereits ausgeschöpft sind und die staatliche Förderung aufgrund der politischen Großwetterlage und der Sparpolitik eben des BMF eher abnehmen wird.

Einige Erwartungen öffentlicher Akteure an eine Nationale Finanzbildungsstrategie
Gewünschte Prioritäten und Schwerpunkte der Strategie

Teilweise Kritik an der Vorerhebung und an der geplanten Ausrichtung der Strategie

Wegen ihres Untersuchungsrasters stand die von der OECD geleistete Vorerhebung in der Kritik. 1. Sie fragte vor allem Verfügungswissen und kein Orientierungswissen ab. Sie fragte nicht, welche ethischen Grundlagen wir für bessere Finanzielle Bildung brauchen. 2. Sie erhob nur Aspekte der Ausgabenseite der Haushalte und nicht die der Einnahmenseite: Sie wollte nicht wissen, wo das Geld denn überhaupt herkommt und welche Kenntnisse dazu ausgebaut werden könnten. Wie kann das Geld besser erwirtschaftet werden?

Zudem stieß die von Minister Lindner und Ministerin Stark-Watzinger skizzierte aktuelle Ausrichtung der Strategie wegen einiger Fokussierungen und Einseitigkeiten (u.a. die unkritisch wirkende Einbindung sogenannter Finfluencer durch das BMF) nicht bei allen Beteiligten auf ungeteilte Zustimmung.

Abweichende Perspektiven

Tatsächlich zeigte sich mir in direkten Gesprächen nicht nur ein Interesse daran, dass wir den Blick noch stärker auf die strukturellen Rahmenbedingungen des Umgang mit Geld richten sollten. Auch eine Haltung des Dialogs – statt des weit verbreiteten Wettstreits bzw. der Diskussionen um die jeweils „richtige“ Position – fand bei einigen Gesprächspartner:innen Zustimmung.

Der DialogRaumGeld sollte den Fuß in der Tür behalten

Gemessen am üblichen Politikbetrieb ist der Einsatz der Ministerin und des Ministers für ihre Strategie glaubwürdig. Ihre persönlichen Grußworte im Workshop und die Offenheit für Fragen durch die Mitwirkenden zeigen das. Der Erfolg der Bemühungen der beiden Ministerien wird aber wie bei vielen ähnlichen Initiativen auch davon abhängen, wie sie mit den Erwartungen, Wünschen, Sorgen und konkreten Anregungen der Beteiligten umgehen. Und offen ist, wie sich alle, also Ministerien und eingeladene Akteur:innen, miteinander mit ihren jeweiligen Projektionen und Agenden zusammenraufen können und wollen. Die sozialpsychologischen Mechanismen innerhalb solcher und ähnlicher Initiativen sind schon lange bekannt.

Wir als DialogRaumGeld sollten die Entwicklung dieser bundespolitischen Initiative weiter verfolgen. Bei passenden Gelegenheiten sollten wir uns möglichst im Verbund mit anderen Engagierten einbringen. Gemeinsam können wir dann weitere geeignete Impulse setzen.

Daraus ergibt sich für uns zunehmend eine interessante Herausforderung: Wie können wir uns am fachöffentlichen Diskurs beteiligen und dabei zugleich mit einer anderen – nämlich mit einer dialogischen Haltung – den grundlegenden Austausch über Geld voranbringen?